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Bedenk's

 

Sag morgens mir ein gutes Wort

bevor du gehst vom Hause fort.

Es kann so viel am Tag gescheh'n,

wer weiß, ob wir uns wiedersehn.

Sag lieb ein Wort zur guten Nacht,

wer weiß, ob man noch früh erwacht.

Das Leben ist so schnell vorbei,

und dann ist es nicht einerlei,

was du zuletzt zu mir gesagt,

was du zuletzt mich hast gefragt.

 

Drum lass ein gutes Wort

das letzte sein, bedenk,

das letzte könnt's

für immer sein!

unbekannt

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Wiedersehen

 

Leb' wohl und sehen wir uns wieder,

so schlage du die Augen nieder.

Und gehn will ich an dir vorbei,

als ob ich's nicht gewesen sei.

 

Als ob ich nicht es sei gewesen,

der dir im Aug' einst durfte lesen.

Was würd' ich lesen jetzt darin?

Dass ich dir fremd geworden bin.

 

Ich will's nicht in dem Auge lesen,

das einst mein Himmel ist gewesen,

dass ich daraus verstoßen bin,

und nie ein Rückweg ist dahin.

Friedrich Rückert (1788-1866)

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Beruhigung

 

Dir zürnen, dass du mich verlassen? -

Beim Himmel, nein! wie sollt' ich das?

War's deine Schuld, mich nicht zu fassen?

Verdient ein blinder Irrtum Hass?

 

Besäße dein Gemüt die Schwingen,

zu schweben auf des meinen Spur,

dann ließest du mich dir entringen

mit deinem eignen Leben nur!

 

Wen also hätt' ich anzuklagen?

Dich, dass dein Herz so schwach und klein?

Davon kannst du die Schuld nicht tragen!

Wie du's empfangen, blieb es dein.

 

Fahr hin! als der Vergebung Blüte.

Rankt sich der Wunsch noch himmelan,

dass Gott fortan dein Glück behüte,

weil's meine Liebe nicht mehr kann.

Betty Paoli (1814-1894)

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Kleine Erinnerungen

 

Deine kleine Schwester

Hat ihre offenen Haare

Wie einen lebendigen Schleier,

Wie eine duftende Hecke

Vornüberfallen lassen

Und schaut, mit solchen Augen!

Durch einen duftenden Schleier,

Durch eine dunkle Hecke ...

Wie süß ist‘s, nur zu denken

An diese kleinen Dinge.

 

An allen sehnsüchtigen Zweigen

In deinem nächtigen Garten

Sind Früchte aufgegangen,

Lampions wie rote Früchte,

Und wiegen sich und leuchten

An den sehnsüchtigen Zweigen,

Darin der Nachtwind raschelt,

In deinem kleinen Garten ...

 

Wie süß ist‘s, nur zu denken

An diese kleinen Dinge ...

Hugo von Hofmannsthal (1874-1929)

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Wenn du mir vorüberwandelst,

Und dein Kleid berührt mich nur,

Jubelt dir mein Herz, und stürmisch

Folgt es deiner schönen Spur.

 

Dann drehst du dich um, und schaust mich

Mit den großen Augen an,

Und mein Herz ist so erschrocken,

Dass es kaum dir folgen kann.

Heinrich Heine (1797-1856)

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Ein Mädchen wird beim Tanz verschönert, rote Wangen,

ein Mund, der lächelnd haucht, gesunkne Locken hangen

um die bewegte Brust, ein sanfter Reiz umzieht

den Körper tausendfach, wie er im Tanze flieht,

die vollen Adern glühn, und bei des Körpers Schweben

scheint jede Nerve sich lebendiger zu heben.

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

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Aus ihren Augen lacht die Freude,

Auf ihren Lippen blüht die Lust,

Und unterm Amazonenkleide

Hebt Mut und Stolz und Drang die Brust;

 

Doch unter Locken, welche fliegen

Um ihrer Schultern Elfenbein,

Verrät ein Seitenblick beim Siegen

Den schönen Wunsch besiegt zu sein.

Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792)

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Mein Blick ruht gern auf dir

Du Mädchenangesicht,

Weil du so lieblich bist

Und ahnst es nicht.

 

Wie in der Frühlingsluft

Das Veilchen Düfte haucht,

Ist in der Anmut Duft

Dein Tun gehaucht.

 

Du lächelst freundlich mir

Du meiner Seele Licht -

Wie du so lieb mir bist -

Du ahnst es nicht.

Heinrich Seidel (1842-1906)

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Der Blick

 

Schaust du mich aus deinen Augen

Lächelnd wie aus Himmeln an,

Fühl' ich wohl, dass keine Lippe

Solche Sprache führen kann.

 

Könnte sie's auch wörtlich sagen,

Was dem Herzen tief entquillt,

Still den Augen aufgetragen,

Wird es süßer nur erfüllt.

 

Und ich seh' des Himmels Quelle,

Die mir lang verschlossen war,

Wie sie bricht in reinster Helle

Aus dem reinsten Augenpaar.

 

Und ich öffne still im Herzen

Alles, alles diesem Blick,

Und den Abgrund meiner Schmerzen

Füllt er strömend aus mit Glück.

Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

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Auch im Traum bist du mir schon erschienen,

Dich entkleidend; oh wie ward mir da!

Schwindlig ward mir hinter den Gardinen,

als ich deinen Busen sah.

Frank Wedekind (1864-1918)

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Bekleide jetzt die langen weißen Beine

 

Bekleide jetzt die langen weißen Beine

mit deinen neuen grünen Seidenhöschen

und lass dich anschaun in graziösen Pöschen,

du Pantherkatze, zart und schlank wie keine.

 

Du Glitzerlicht von funkelnden Gestirnen,

du aus dem Paradies der Fabeltiere,

mit Brüsten wie hellschimmernd am Spaliere

die quellend frischen, essenreifen Birnen!

 

Wie deine grünen Seidenhöschen glänzen,

dass drunter deine Nacktheit rötlich flimmert,

als ob das Milchglas, darin Rotwein schimmert,

zur höhern Weihe Rebenblätter kränzen.

 

Wenn ich nur wüsste: war das Höschen teuer?

Was gabst du ihm, der mit dem Schmuck dich zierte?

War's einer, der nach deinen Gnaden gierte?

War's deiner Anmut selbstlos ein Betreuer?

 

Wie immer: deine neuen Seidenhöschen

sind süß wie Wiesengrün im Sonnenscheine.

Schnell, zieh sie dir an deine schlanken Beine

und lass dich anschaun in graziösem Pöschen.

Erich Mühsam (1878-1934)

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Wärst du ein Bächlein, ich ein Bach,

So eilt' ich dir geschwinde nach.

Und wenn ich dich gefunden hätt'

In deinem Blumenuferbett,

Wie wollt ich mich in dich ergießen

Und ganz mit dir zusammenfließen,

Du vielgeliebtes Mädchen du!

Dann strömten wir bei Nacht und Tage

Vereint im süßen Wellenschlage

Dem Meere zu.

Wilhelm Busch (1832-1908)

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Erinnerung

 

Wie war die schöne Sommernacht

So dunkel, mild und warm, –

Wie schrittest du so still und sacht

Gelehnt auf meinen Arm. –

 

Von Ferne klang, man hört' es kaum,

Musik mit leisem Schall,

Im blüthenduftgen Gartenraum

Sang eine Nachtigall.

 

Ein holdes schweigendes Verstehn

War zwischen mir und dir,

Ein selig Beieinandergehn,

Und glücklich waren wir.

 

Die schöne Zeit, sie liegt so weit –

Verweht wie eitel Schaum.

Sie liegt so weit die schöne Zeit

Versunken wie ein Traum.

 

Wie schrittest du so still und sacht

Gelehnt auf meinen Arm –

Wie war die schöne Sommernacht

So dunkel, mild und warm. –

Heinrich Seidel (1842-1906)

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Im Arm der Liebe schliefen wir selig ein,

Am offnen Fenster lauschte der Sommerwind,

Und unsrer Atemzüge Frieden

Trug er hinaus in die helle Mondnacht. –

 

Und aus dem Garten tastete zagend sich

Ein Rosenduft an unserer Liebe Bett

Und gab uns wundervolle Träume,

Träume des Rausches – so reich an Sehnsucht!

Otto Erich Hartleben (1864-1905)

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Dir!

 

Gleichwie Kinderhände

Alle Blumen nur pflücken,

Um der Mutter am Ende

Sie ans Herz zu drücken –

 

So empfang und pflück ich

Alle Freuden im Leben,

Nur um dankbar und glücklich

Dir sie wieder zu geben,

 

Und die bunten Stunden

All meiner Lust

Leg ich, zum Strauß gebunden,

Dir an die Brust.

A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder) (1864-1936)

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Seliger Tod

 

Gestorben war ich

Vor Liebeswonne:

Begraben lag ich

In ihren Armen;

Erwecket ward ich

Von ihren Küssen;

Den Himmel sah ich

In ihren Augen.

Ludwig Uhland (1787-1862)

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Mein süßes Lieb...

 

Mein süßes Lieb, wenn du im Grab,

Im dunkeln Grab wirst liegen,

Dann will ich steigen zu dir hinab,

Und will mich an dich schmiegen.

 

Ich küsse, umschlinge und presse dich wild,

Du Stille, du Kalte, du Bleiche!

Ich jauchze, ich zittre, ich weine mild,

Ich werde selber zur Leiche.

 

Die Toten stehn auf, die Mitternacht ruft,

Sie tanzen im luftigen Schwarme;

Wir beide bleiben in der Gruft,

Ich liege in deinem Arme.

 

Die Toten stehn auf, der Tag des Gerichts

Ruft sie zu Qual und Vergnügen;

Wir beide bekümmern uns um nichts,

Und bleiben umschlungen liegen.

Heinrich Heine (1797-1856)

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Hast du die Lippen mir

 

Hast du die Lippen mir wund geküsst,

So küsse sie wieder heil,

Und wenn du bis Abend nicht fertig bist,

So hat es auch keine Eil.

 

Du hast ja noch die ganze Nacht,

Du Herzallerliebste mein!

Man kann in solch einer ganzen Nacht

Viel küssen und selig sein.

Heinrich Heine (1797-1856)

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Der Kuss

 

Nie kann die Liebe ganz ihr Wesen sagen,

Und tief im Herzen glimmt die reinste Glut.

Sich zu enthüllen wär’ ihr höchstes Gut,

Doch kann sie nie in lichte Flammen schlagen.

 

Die Sprache kann das Heiligste nicht tragen,

Kann nicht entschleiern, was im Herzen ruht,

Doch treibt der Sehnsucht ungestümer Mut,

Selbst das Unmögliche mit Kraft zu wagen.

 

Vergebens - nach dem Mädchen hingewandt,

Fühlt sich der Liebende das Herz beklommen,

Und selbst der Sprache armen Trost entnommen;

 

Dann öffnet sich der Arme Wechselband,

Dann flieget Lipp’ und Lippe heiß zusammen,

Und beide Seelen glühn in gleichen Flammen.

Carl Streckfuß (1778-1844)

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Wie er wolle geküsst sein

 

Nirgends hin, als auf den Mund,

da sinkt's in des Herzens Grund.

Nicht zu frei, nicht zu gezwungen,

nicht mit gar zu fauler Zungen.

 

Nicht zu wenig, nicht zu viel.

Beides wird sonst Kinderspiel.

Nicht zu laut und nicht zu leise,

Beider Maß' ist rechte Weise.

 

Nicht zu nahe, nicht zu weit.

Dies macht Kummer, jenes Leid.

Nicht zu trocken, nicht zu feuchte,

wie Adonis Venus reichte.

 

Nicht zu harte, nicht zu weich.

Bald zugleich, bald nicht zugleich.

Nicht zu langsam, nicht zu schnelle.

Nicht ohn Unterscheid der Stelle.

 

Halb gebissen, halb gehaucht.

Halb die Lippen eingetaucht.

Nicht ohn Unterscheid der Zeiten.

Mehr alleine denn bei Leuten.

 

Küsse nun ein Jedermann

wie er weiß, will, soll und kann.

Ich nur und die Liebste wissen,

wie wir uns recht sollen küssen.

Paul Flemming (1609-1640)

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Du bist die Sonne, die nicht untergeht

 

Du bist die Sonne, die nicht untergeht,

Du bist der Mond, der stets am Himmel steht;

Du bist der Stern, der, wann die andern dunkeln,

Noch überstrahlt den Tag mit seinem Funkeln.

Du bist das sonnenlose Morgenrot;

Ein heit’rer Tag, den keine Nacht bedroht;

Der Freud’ und Hoffnung Widerschein auf Erden -

Das bist du mir, was kannst du mehr noch werden!

Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

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Heimliches Glück

 

Es gibt so Stunden… Im Werktagslauf

Nur dieser und jener achtet darauf.

Stunden, die man erst später segnet,

Wo einem so recht was Liebes begegnet.

Und hat es nicht viel Verstand und Sinn,

Sonnt sich doch das Herze drin.

 

Da hab' ich neulich in solcher Stunden

Ein Mädel gefunden.

Schritt so la la mit wiegendem Gang

Durch Hast und Lärm die Straßen entlang,

Hat sich ins bunteste Treiben gemengt,

Die Arme recht wie ein Junge geschwenkt,

Mit Zöpfen und breitem Strohhut ging's -

Und die lachenden Augen bald rechts, bald links.

 

O diese Augen… Die Fröhlichkeit!:

Gott grüß euch alle, wie ihr da seid!

Was auch auf Erden wibbelt und webt,

's ist doch was feines, wenn man lebt! -

 

Ein kurzes Glück im Gassen und Gehn,

Wenige werden es nur verstehn!

Doch wenn ich in Sorgen so sinn' und sitz',

Dann kommt's wie ein Leuchten, ein Sonnenblitz:

 

Das Köpfchen fröhlich, marienblond,

Recht wie von himmlischem Licht umsonnt,

Und Augen durch Dunkel und Traurigkeit:

Gott grüß euch alle, wie ihr da seid!

Carl Busse (1872-1918)

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Mandolinenklänge

 

Hör ich der Mandoline Klänge

Ist mir's, als sähe ich eine der süßen,

Netten Grisetten

Freundlich mich grüßen.

Kirschen trägt sie als Ohrgehänge.

Barfuß kommt sie und lacht und lacht,

Schüttelt kindisch die blonde Mähne

Und zeigt dabei ihrer Zähne

Zartschneeige Pracht.

Und dann

Dreht sie sich um und läuft, was sie kann,

Den wirren, langen,

Steinigen Zickzackweg zurück,

Den mein Leben gegangen,

Sammelt dabei die paar verstreuten

Freundlichen Blumen, die mich erfreuten,

Bis sie ein buntes Dutzend gefunden.

Die bringt sie mir zierlich gebunden.

Ich aber küsse die Kleine,

Küsse die Blumen und lache und weine,

Bis alles verschwunden

Und die Mandoline schweigt.

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

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Abendständchen

 

Hör es klagt die Flöte wieder,

Und die kühlen Brunnen rauschen.

Golden wehn die Töne nieder,

Stille, stille, lass uns lauschen!

 

Holdes Bitten, mild Verlangen,

Wie es süß zum Herzen spricht!

Durch die Nacht, die mich umfangen,

Blickt zu mir der Töne Licht.

Clemens Brentano (1778-1842)

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Der Spinnerin Nachtlied

 

Es sang vor langen Jahren

Wohl auch die Nachtigall,

Das war wohl süßer Schall,

Da wir zusammen waren.

 

Ich sing' und kann nicht weinen,

Und spinne so allein

Den Faden klar und rein,

So lang der Mond wird scheinen.

 

Als wir zusammen waren

Da sang die Nachtigall;

Nun mahnet mich ihr Schall,

Dass du von mir gefahren.

 

So oft der Mond mag scheinen,

Denk' ich wohl dein allein.

Mein Herz ist klar und rein,

Gott wolle uns vereinen.

 

Seit du von mir gefahren,

Singt stets die Nachtigall,

Ich denk' bei ihrem Schall,

Wie wir zusammen waren.

 

Gott wolle uns vereinen,

Hier spinn' ich so allein,

Der Mond scheint klar und rein,

Ich sing' und möchte weinen.

Clemens Brentano (1778-1842)

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Mutter

 

Ich sehe Dich in einer Kerze Licht

im Rahmen einer dunklen Pforte stehn.

Du spürst die Kühle von den Bergen wehn.

Du frierst ja, Mutter ... dennoch weichst Du nicht.

 

Du schaust mir nach, der in die Nacht enteilt,

in dunklen Schicksals ungewisse Frist,

mit einem Lächeln, das nur Weinen ist,

mit einem Schmerz, den kein Vertrauen heilt.

 

Ich sehe Dich in Deiner Liebe Licht,

im Zittern Deiner weißen Haare stehn.

Du spürst die große, dunkle Kühle wehn -

 

und langsam, langsam senkt sich Dein Gesicht.

Noch immer leuchtet fern der Kerze Schein -

Du frierst ja, Mutter ... Mutter - geh hinein ...

Albrecht Hausdorfer (1903-1945)

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Meiner Mutter

 

Wie oft sah ich die blassen Hände nähen,

Ein Stück für mich – wie liebevoll du sorgtest!

Ich sah zum Himmel deine Augen flehen,

Ein Wunsch für mich – wie liebevoll du sorgtest!

Und an mein Bett kamst du mit leisen Zehen,

ein Schutz für mich – wie sorgenvoll du horchtest!

Längst schon dein Grab die Winde überwehen,

ein Gruß für mich – wie liebevoll du sorgtest!

Detlev von Liliencron (1844-1909)

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Deine Mutter

 

Liebe, treue Mutterliebe,

edler Schatz in dieser Welt,

die mit sanftem, heil'gen Triebe

bis zum Tod die Treue hält,

die das Kind so zärtlich liebt,

dass sie gerne alles gibt.

 

Liebe, die für dich noch betet,

wenn du gingst auf breiter Bahn,

wo die Sünde dich gekettet

mit Betrug und eitlem Wahn;

ob sie auch in Trauer weint,

immer hat sie's gut gemeint.

 

Liebe, die dich nie verlassen,

ob dich auch die Welt verstieß,

mochten alle dich auch hassen,

deine Mutter dich nie ließ,

bis ihr Herz für immer bricht,

lässt dich deine Mutter nicht.

 

Mutterliebe, die im Sterben

noch dem Kinde zugewandt,

wenn die Wangen sich entfärben,

fasst dich noch die matte Hand,

lächelt dir den Abschiedsgruß

und empfängt den letzten Kuss.

unbekannt

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Mutter

 

Ein einzig Wunderbares gibt's hienieden,

das jedes Volk, das jede Sprache nennt.

Die Mutter ist's – bei ihr ist Ruh' und Frieden,

weil sie, nur sie allein dich wirklich kennt.

 

Sie, die dich sorglich führte einst ins Leben,

die dich behütet hat vom ersten Schritt.

Die immer sann, nur Liebe dir zu geben,

die deinetwillen – ach – so oft auch litt!

 

Sie lässt dich nicht, wenn alle dich verlassen,

wenn alles stürzt, das Mutterherz bleibt dein.

Wo das Verdammen anfängt und das Hassen,

da hat die Mutter dennoch ein Verzeih'n!

 

Dem Schuld'gen selbst legt segnend sie die Hände

erbarmend liebreich auf das wirre Haar.

Denn Mutterliebe ist ja ohne Ende,

ist unerschöpflich, ewig wunderbar.

 

Ein Unrecht nur begeht sie, – nie zu fassen,

wenn sie dereinst im letzten Abendschein

die Augen schließt, um dich allein zu lassen

in kalter, liebeleerer Welt allein!

unbekannt

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Mutterns Hände

 

Hast uns Stulln jeschnitten

un Kaffe jekocht

un de Töppe rübajeschohm –

un jewischt und jenäht

un jemacht und jedreht ...

alles mit deine Hände.

 

Hast de Milch zujedeckt,

uns Bobongs zujesteckt

un Zeitungen ausjetragen –

hast die Hemden jezählt

und Kartoffeln jeschält ...

alles mit deine Hände.

 

Hast uns manches Mal

bei jroßen Schkandal

auch 'n Katzenkopp jejeben.

Hast uns hochjebracht.

Wir wahn Stücker acht,

sechse sind noch am Leben ...

Alles mit deine Hände.

 

Heiß warn se un kalt.

Nu sind se alt.

Nu bist du bald am Ende.

Da stehn wa nu hier,

und denn komm wir bei dir

und streicheln deine Hände.

Kurt Tucholsky (1890-1935)

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Weihnachten

 

Markt und Straßen stehn verlassen,

Still erleuchtet jedes Haus,

Sinnend geh’ ich durch die Gassen,

Alles sieht so festlich aus.

 

An den Fenstern haben Frauen

Buntes Spielzeug fromm geschmückt,

Tausend Kindlein stehn und schauen,

Sind so wunderstill beglückt.

 

Und ich wandre aus den Mauern

Bis hinaus in’s freie Feld,

Hehres Glänzen, heil’ges Schauern!

Wie so weit und still die Welt!

 

Sterne hoch die Kreise schlingen,

Aus des Schneees Einsamkeit

Steigt’s wie wunderbares Singen –

O du gnadenreiche Zeit!

Joseph von Eichendorff (1788-1857)

 

 

 

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